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Alte Wunden, Vergangenheitsbewältigung, Kindheitswunden, Umgang mit altem Schmerz

Wenn alte Wunden aufbrechen: Umgang mit überwältigendem Schmerz

Manchmal brechen sie auf, die alten Wunden.

Es geschieht unerwartet.

Und selbst dann, wenn wir überzeugt sind, all das längst verarbeitet zu haben.

Plötzlich sitzen wir da.

Inmitten der alten Verletzungen, die zurück an die Oberfläche gespült wurden.

Ich kenne das gut – denn meine letzten Wochen waren durchtränkt von diesem alten, rohen Schmerz meiner Kindheit.

Es sind Zeiten, die uns aus der Bahn werfen können.

Augenblicke, die uns straucheln lassen.

Uns in einen Strudel ziehen, indem wir beinah ertrinken.

Aber es sind auch Momente, an denen wir wachsen können.

In diesem Artikel erzähle ich dir, von den Dingen, die ich selbst tue, wenn alte Wunden aufbrechen.

Und ich zeige dir, wie du sie für selbst nutzen lernst.

Um am Ende gestärkt aus ihnen hervorzugehen.


1. Anerkennen, dass da eine alte Wunde ist

Unsere erste Tendenz ist meist, gegen den Schmerz anzukämpfen.

Wir wollen ihn nicht.

Weil er weh tut und weil er Angst macht.

Es hat lange gebraucht, bis ich verstanden habe, dass es nichts bringt, ihn zu ignorieren.

Und es dauerte noch viel länger, bis ich mir eingestehen konnte, dass gegen ihn anzukämpfen das Gegenteil bewirkt.

Denn diese alte Wunde ist da – ob wir sie nun wollen oder nicht.

Und gegen sie anzukämpfen ist, wie gegen eine unaufhaltsame Flut anzukämpfen: Je mehr du dich gegen sie zur Wehr setzt, desto überwältigender wird sie.

Es raubt Kraft.

Kraft, die du für etwas ganz anderes brauchst.

Nämlich dafür, mit und nicht gegen den Schmerz zu arbeiten.

Anzuerkennen, dass da diese Wunde ist, heilt sie nicht – aber es gibt dir die Chance, dich dem Schmerz anzunähern.

Stück für Stück.

Wenn du also wütend bist, Angst hast oder weinen musst, dann lass das zu.

All die Emotionen, egal wie schlimm und schrecklich sie sich auch anfühlen mögen, gehören dazu.

Sie sind Teil des Schmerzes, der gefühlt und angesehen werden will.

Und genau das müssen wir tun.

Um ihn irgendwann wieder loslassen zu können.


2. Mir mit Selbstmitgefühl begegnen

Wenn alte Wunden aufbrechen und der Schmerz droht, mich mitzureißen, wird Selbstmitgefühl zu einem wichtigen Anker.

Denn in diesen Momenten ist es so schwer, nicht von einem Strudel negativer Gefühle mitgerissen zu werden und so verflucht leicht, sich in Selbstkritik oder sogar Selbsthass zu verlieren.

Wir neigen dazu, uns selbst fertig zu machen.

Dafür, dass wir nicht stärker sind oder besser mit den Dingen umgehen.

Doch Vorwürfe bringen niemanden weiter.

Weder dich noch mich.

Und dich anzutreiben, stärker zu sein oder die Zähne zusammenzubeißen, funktioniert genauso wenig.

Ganz gleich, wie sehr du haderst: Druck hilft nicht.

Was dich weiterbringt, ist, dir selbst mit der gleichen Freundlichkeit zu begegnen, wie du es bei einem geliebten Menschen tun würdest.

Denn wenn wir in einer Krise stecken, brauchen wir keine Peitschenhiebe.

Was wir brauchen, sind Zuwendung und Verständnis.

Selbstmitgefühl schenkt dir genau das.

Es ist eine liebevolle Geste, die du dir selbst entgegenbringst.

Etwas, dass dich daran erinnert, dass du es verdient hast, liebevoll und fürsorglich behandelt zu werden.

Weil du eben auch einfach nur ein Mensch bist.

Genau wie ich.


3. Mich mit dem auseinandersetzen, was gerade ist

Wenn der Schmerz früherer Verletzungen plötzlich hochkommt, fühlt sich das an, als würde die Vergangenheit mich niederdrücken.

Die Gefühle, die damals so intensiv waren, sind wieder da – ebenso überwältigend wie damals.

Sie dringen in die Gegenwart.

Beeinflussen und lenken uns, ohne dass wir überhaupt merken, dass es geschieht.

Denn alter, roher Schmerz beeinflusst alles.

Er hat nicht nur Einfluss auf unsere Gefühle, sondern auch auf unsere Gedanken und Reaktionen.

Und genau hier setzt die Kraft der Reflexion ein.

Dich mit dem auseinanderzusetzen, was gerade ist, bedeutet, dir die Verbindung zwischen vergangenem Schmerz und gegenwärtigen Erleben bewusst zu machen.

Es bedeutet, dich zu fragen, wie dieser alte Schmerz dich beeinflusst hat und noch immer beeinflusst:

  • Warum fühle ich mich gerade so?
  • Welche Erinnerungen und Erfahrungen sind da losgetreten worden?
  • Auf welche Weise beeinflusst mich das?

Reflexion ist der Schlüssel zur Veränderung.

Sie hilft, einen neuen Blickwinkel auf das Hier und Jetzt zu bekommen und einen besseren Umgang mit dieser offenen Wunde zu bekommen, die da in dir ist.

Denn erst, wenn dir bewusst wirst, wie frühere Verletzungen deine Wahrnehmung und deine Reaktionen beeinflussen, kannst du erkennen, was gerade wirklich hilft und was nicht.

Nur so bist du in der Lage, einen guten Weg zu finden, um mit dem Schmerz umzugehen.


4. Das Schreiben als Ventil nutzen

In Momenten, in denen ich die tiefen Verletzungen meiner Kindheit spüre, schenkt Schreiben mir Erleichterung.

Es gibt mir etwas, um meine Gefühle und Gedanken einzufangen und meinen Schmerz auszudrücken.

Mit jedem Wort, dass ich zu Papier bringe, wird die Last auf meinen Schultern ein klein wenig leichter.

Das ist die Kraft des Schreibens.

Eine Kraft, die auch du für dich nutzen kannst.

Weil dein Schmerz ebenso sehr ein Ventil braucht wie meiner.

Er braucht einen Ort, an dem du ihn roh, wie er ist, lassen kannst, ohne dass er dich überrollt.

Und Schreiben schenkt dir diesen Ort.

Es ist wie ein guter Freund, dem du einfach alles anvertrauen kannst – ohne Angst, Scham oder Zurückhaltung.

Nutze es, um deinen Schmerz auf Papier zu bannen.

Wie?

Du könntest damit beginnen, lose Gedanken auf ein leeres Blatt zu schreiben oder deine Worte in ein Gedicht verwandeln.

Du könntest mit dem Journaling starten oder deine Worte mithilfe eines Unsent Letter direkt an jemanden richten, den du mit deinem Schmerz verbindest.

Ganz gleich, wie du das Schreiben auch nutzt: Es ist eine perfekte Möglichkeit, deine innersten Gefühle zu erforschen, Verständnis für dich selbst zu gewinnen und so nach und nach den Bann der Vergangenheit zu lösen.


5. Mir Unterstützung suchen

Ich teile meinen Schmerz nicht mit jedem.

Und ich neige (immer noch) dazu, vieles still und leise mit mir alleine auszumachen.

Viele von uns tun das.

Manchmal tun wir es, weil wir uns vollkommen isoliert und alleine fühlen; manchmal, weil wir gelernt haben, dass es besser ist, Dinge mit uns alleine auszumachen.

Doch die Wahrheit ist: Keiner von uns muss da alleine durch.

Nicht du – und auch nicht ich.

In Zeiten, in denen alte Wunden aufbrechen, kann Unterstützung von außen eine unglaubliche Kraftquelle sein.

Es kann dir nicht nur Entlastung schenken, sondern auch neue Perspektiven aufzeigen.

Jemanden zu haben, der dir mit Empathie und Verständnis begegnet tut gut.

Es ist heilsam.

Deshalb suche nach Menschen, denen du vertrauen kannst.

Jemand, der dir Halt in Zeiten der Not schenkt.

Ich habe diesen jemand in meinem Mann und ein paar engen Freunden gefunden.

Wer ist es bei dir?

Es könnte ein guter Freund sein, ein Familienmitglied oder auch professionelle Hilfe in Form eines Therapeuten oder Beraters.

Wen auch immer du wählst, vergiss eines nicht:

Du bist niemals schwach, wenn du um Hilfe bittest.

Denn es erfordert jede Menge Mut und Stärke, deine eigene Verletzlichkeit anzuerkennen und um Unterstützung zu bitten.


6. Mich auf den gegenwärtigen Augenblick konzentrieren

Wenn alte Narben wieder ins Bewusstsein rücken, drohen wir, den Kontakt zur Gegenwart zu verlieren.

Die Vergangenheit nimmt uns gefangen.

Insbesondere dann, wenn sie tiefe Narben auf unserer Seele hinterlassen hat.

Mich in diesen Momenten auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren, hilft.

Es schafft eine notwendige Distanz.

Für mich ist es wie eine Ruheoase inmitten eines Sturms.

Unsere Aufmerksamkeit bewusst auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren, minimiert die Last der Vergangenheit.

Es festigt den Boden unter den Füßen– selbst inmitten der schmerzhaftesten Erinnerungen.

Und es ist ganz leicht.

Atme einfach tief ein und konzentriere dich auf das, was ist.

Die Sonnenstrahlen auf der Haut, das Rascheln der Blätter im Wind, ein Vogel am Himmel, der Boden unter deinen Füßen – all diese kleinen Dinge verankern dich im Jetzt.

Spür die Welt um dich herum.

Nimm die Farben wahr. Die Geräusche, die Gerüche.

Damit lenkst du deine Aufmerksamkeit fort von dem Schmerz, die dich quält und hin zu dem, was geschieht.

Ja, die Vergangenheit mag Spuren hinterlassen haben, die bis in die Gegenwart reichen – aber da ist mehr als das.

Erinnere dich daran.

Sooft, wie du nur kannst.


7. Mich mit meinem Körper verbinden

Jedes Mal, wenn der alte Schmerz an die Oberfläche drängt, ist es, als wäre alles wie damals.

Es fühlt sich an, als würde die Vergangenheit wieder lebendig werden.

Früher hatte ich keine Ahnung, wie ich die Flut aus Erinnerungen, Gefühlen und Gedanken bewältigen sollte.

Heute ist das anders.

Heute konzentriere ich mich darauf, mich bewusst mit meinem Körper zu verbinden.

Denn wenn etwas aufbricht, ist er es, der uns hilft, den Moment zu durchleben – ohne uns darin zu verlieren.

Dein Körper ist ebenfalls ein Verbündeter.

Nutze das.

Wie genau?

Da gibt es viele Möglichkeiten. Ein paar sind:

  • Konzentriere dich auf deinen Atem: Spüre, wie sich dein Brustkorb mit jeden Atemzug hebt und senkt.
  • Aktiviere deine Sinne: Spüre den Boden unter deinen Füßen, die Wärme der Teetasse in deiner Hand oder das Wasser, das auf deinen Körper einprasselt. Bemerke die Sonnenstrahlen auf deiner Haut oder den Wind in deinem Haar.
  • Bewege deinen Körper: Bemerke, wie sich deine Muskeln dehnen und entspannen, wie dein Atem sich verändert, dein Herz schneller schlägt.
  • Berühre dich selbst: Leg die Hand auf deine Brust, deine Arme, dein Gesicht und spüre die Wärme deiner eigenen Haut.

Indem du deinen eigenen Körper spürst, verbesserst du nicht nur deine Körperwahrnehmung – du setzt dem seelischen Schmerz etwas entgegen. 

Es macht klar: Er ist real – aber eben nur ein Teil von dir.

Er ist nicht du.


8. Mich selbst umsorgen

In Momenten, in denen die Vergangenheit unerwartet in die Gegenwart schwappt, neige ich dazu, mich hintanzustellen.

Meine Bedürfnisse, meine Wünsche, meine Grenzen – alles verschwimmt.

Manchmal, weil ich nichts davon mehr spüre; manchmal, weil es mir unbedeutend vorkommt oder viel zu mühsam.

Doch eines habe ich gelernt: Nämlich, dass ich in diesen Augenblicken ganz besonders gut auf mich achten muss.

Und dass mich selbst zu umsorgen der beste Weg ist, genau das zu tun.

Warum?

Weil Selbstfürsorge dazu dient, uns zu stärken und zu stützen.

Sie ist das, was dabei hilft, Krisen durchzustehen.

Wenn du dich selbst umsorgst, schenkst du dir die Aufmerksam, die du brauchst.

Es bedeutet, wie ein guter Freund an deiner eigenen Seite zu stehen, während du durch schwere Zeiten gehst.

Selbstfürsorge kann ganz unterschiedlich aussehen.

Für mich bedeutet sie oft, mir Zeit nur für mich zu nehmen: Ein Hörbuch hören, eine Tasse heißer Tee trinken, ein heißes Schaumbad nehmen oder alleine spazieren gehen.

Was ist es bei dir?

Frag dich selbst: Was brauche ich gerade, um mich wohl und sicher zu fühlen?


Finde den Mut, dich alten Wunden zu stellen

Die Konfrontation mit vergangenen Verletzungen ist niemals einfach.

Wie du gelesen hast, fällt es auch mir noch nach vielen Jahren schwer, mit ihnen umzugehen.

Niemand von ist gewappnet oder kann sich davor schützen.

Doch ganz gleich, wie schwer eine Zeit für mich auch sein mag – jetzt oder in der Zukunft – jedes Mal, wenn ich zurückschaue, erkenne ich, wie weit ich bereits gekommen bin.

Jede Herausforderung, der ich mich stellen musste, hat mich wachsen lassen.

Sie hat mich daran erinnert, wie viel Kraft und Stärke in mir steckt.

Und auch du trägst diese Stärke in dir.

Die Wunden mögen Teil deiner Geschichte sein, aber sie definieren dich nicht.

Das haben sie damals nicht – und das tun sie auch heute nicht.

Denn du bist mehr als die Vergangenheit, die dich quält.

Erinnere dich daran.

Immer wieder.

Weil es möglich ist, aus den Trümmern dieses vergangenen Schmerzes aufzuerstehen.

Alles, was es brauchst, ist eine Portion Mut.

Den Mut, diese alten Wunden anzusehen.

Und dir selbst zur Seite zu stehen.


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