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Was ist ein Suizidversuch?

Der Wunsch zu sterben: Was ist ein Suizidversuch?

Ich war fünfzehn, als ich versucht habe mir das Leben zu nehmen. Damals telefonierte ich mit einem Freund, der mich überzeugte, die Tabletten in den Abfluss zu werfen, statt noch mehr davon zu schlucken. Dieses Telefonat fühlte sich wie mein Rettungsanker an, wie das Einzige, was mich am Leben hielt – doch letztendlich kann ich nicht sagen, ob das, was ich da versucht habe, tatsächlich mein Leben beendet hätte.

Mit meinem heutigen Wissen würde ich sagen: Nein, hätte es nicht. Die Tabletten waren viel zu harmlos, um das zu tun.

Die Frage, wann ein Suizidversuch eigentlich ein Suizidversuch ist, beschäftigt viele von uns.

Es ist diese eine Frage, die uns immer dann gestellt wird, wenn wir eine Therapie beginnen, in eine Klinik gehen oder einen neuen Psychiater aufsuchen. Immer wieder werden wir gefragt:

„Haben Sie schon einmal versucht sich das Leben zu nehmen?“

Doch – habe ich das wirklich?

Kann es überhaupt ein Suizidversuch sein, wenn ich Tabletten schlucke, die mich – nüchtern betrachtet – gar nicht umbringen können? Wenn ich also etwas tu, was nicht akut lebensgefährdend ist oder sein würde? Muss ich, damit es als ein „richtiger“ Selbstmordversuch zählt, nicht eigentlich kurz davor gewesen sein zu sterben oder gar im letzten Moment gefunden werden, wie das sooft in Filmen und Serien gezeigt wird?

Wann ein Suizidversuch ein Suizidversuch ist.

Laut der WHO ist ein Selbstmordversuch jede Handlung mit nichttödlichem Ausgang. Und auch Seyfried (1995) definiert einen Suizidversuch als eine Handlung, „die zwar den eigenen Tod direkt oder indirekt bezweckt, jedoch nicht herbeiführt“.

Es geht also um die Intension. Um den Gedanken dahinter. Darum, ob da der Wunsch ist, dass das Leben endet oder nicht.

Dabei ist es egal, ob ein Suizidversuch durch Dritte unterbrochen wird (z.b. weil man im letzten Moment gefunden wird), vorzeitig beendet wird (z.b. weil man das ungesicherte Gebäude wieder verlässt) oder sich am Ende herausstellt, dass das, was man versucht hat, nicht lebensbedrohlich war.

Denn auch wenn Suizidversuche abgebrochen oder unterbrochen werden, bleiben sie was sie sind: Der Versuch, sich das Leben zu nehmen.

In dem Bericht über Suizidprävention der WHO steht außerdem, dass nur wenige Selbstmordversuche überhaupt zu Verletzungen führen, die medizinisch behandelt werden (müssen). Was Sinn ergibt, wenn man bedenkt zu wie vielen unterschiedliche Methoden Menschen greifen, wenn sie in einer suizidalen Krise stecken.

Der Wunsch hinter dem Suizidversuch.

Suizidversuche geschehen nicht einfach so. Sie passieren weder aus Spaß, noch aus Langeweile oder um Aufmerksamkeit zu bekommen.

Sie geschehen aus Verzweiflung.

Meistens wollen wir gar nicht, dass das Leben – unser Leben – tatsächlich endet.

Wir wünschen uns viel mehr, dass etwas aufhört. Unser Leiden, der innere Schmerz, die Angst, die Schwere und Hoffnungslosigkeit, die wir empfinden,… – und weil das alles mit uns verstrickt ist, können wir in solchen Momenten nur sehr schwer zwischen UNS, dem Menschen, der wir sind; und UNSEREM ERLEBEN, dem, was wir empfinden, denken und worunter wir leiden, unterscheiden.

Auch ich wollte dass der Schmerz endete. Wollte, dass das, was sich so schwer anfühlte, mich runterzog und mir alle Hoffnung raubte, endlich verschwand. Und in dem Moment war all das, was ich fühlte so stark mit mir verbunden, dass ich es nicht mehr auseinanderhalten konnte.

Es ist ein bisschen so, als wären wir plötzlich der Regen, obwohl doch eigentlich „nur“ unser Körper im Regen steht.

Als würden wir vergessen, wo genau wir eigentlich anfangen und enden.

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