Im Schreiben einen sicheren Hafen inmitten von Depressionen und Angstzuständen finden: Darüber berichtet Jenny im Schreiberfahrungen Interview.
#Schreiberfahrungen – Schreiben bedeutet mit Worten malen
Die Autorin Lamia Flos nutzt das Schreiben, um ihre traumatischen Missbrauchserfahrungen zu verarbeiten und anderen Betroffenen Mut zu machen. Ihr Debütroman, »Toxic – Wenn Liebe vergiftet«, entstand aus der positiven Resonanz ihrer Leser.
Schreib darüber - ein Interview mit Lamia Flos über ihre Schreiberfahrungen
Drei Worte, die dich am besten beschreiben:
Pünktlich, perfektionistisch, großherzig.
Schreiben bedeutet für mich ...
... mit Worten malen.
Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Ich schreibe schon, seit ich einen Stift halten kann, habe jedoch erst sehr spät mit Veröffentlichungen angefangen.
Ursprünglich hätte mein erstes Buch »Toxic – Wenn Liebe vergiftet*« gar nicht veröffentlicht werden sollen. Aber nachdem ich viel positiven Zuspruch erhalten habe, konnte ich fast nicht anders.
Mit was für Problemen kämpfst du/hast du gekämpft und (wie) hilft dir Schreiben dabei?
Ich habe so ziemlich alles durch, was im Missbrauchsbereich möglich ist. Wie genau ich das alles mehr oder weniger unbeschadet überstanden habe und wie das Schreiben mir dabei geholfen hat, kann ich gar nicht so genau sagen.
Heute hilft es mir auf jeden Fall dabei, die Geschehnisse zu reflektieren und zu »verstehen«, indem ich sie auch aus einem anderen Blickwinkel betrachte.
Wie nutzt du das Schreiben am liebsten? / Was schreibst du?
Am liebsten schreibe ich einfach ohne Ziel und konkrete Vorstellung. Mein liebstes Schreibgerät ist der Kugelschreiber, denn auf die Art und Weise können die Worte ungefiltert und ohne Schranke direkt vom Herz/Hirn aufs Papier fließen.
Wenn man an einer Tastatur sitzt und die Worte in den PC hämmert, hält man sich automatisch mit Korrigieren auf (zumindest was den perfektionistischen Teil in mir betrifft) und ich vergesse dabei oft, was ich eigentlich schreiben wollte.
Angefangen habe ich 2014 mit Kurzgeschichten, die in der düsteren Horrorecke zu finden sind. Seit 2021 widme ich mich (auto)biografischen Werken, um Betroffenen Mut zu machen und gleichzeitig alle anderen für die Thematik »Missbrauch« zu sensibilisieren.
Was ist das Schwierigste beim Schreiben / im kreativen Prozess für dich?
Zeit und Ruhe zu finden. Wenn ich dann beides mal habe, läuft es von allein.
Was ist das Schönste / Bereichernste beim Schreiben / im kreativen Prozess für dich?
Seinen Gedanken freien Lauf lassen zu können, um hinterher feststellen zu können: Was? Das habe ich geschrieben?
Gibt es Hobbys und Dinge, die du tust, wenn du nicht schreibst?
Ich betreibe dreimal pro Woche Kraftsport, also so richtig mit Gewichtheben und allem Drum und Dran. Der Sport hat mich nicht nur körperlich »gestählt«, sondern auch mental stark für alle Widrigkeiten des Lebens gemacht.
Ansonsten spiele ich noch Klavier und unternehme viel mit dem verbliebenen Teil meiner Familie sowie Freunden.
Was treibt dich an?
Anderen (Opfern) einen Teil zurückzugeben, selbst wenn ich nie Hilfe bekommen habe.
Heute geht es mir gesundheitlich (physisch und psychisch) und finanziell so gut, dass ich monatlich eine Summe an die Hilfsorganisation Weißer Ring e.V. spende.
Gibt es etwas, dass du Anderen gerne mitgeben möchtest?
Ihr seid nicht allein. Egal, welches Problem ihr habt oder in welcher Situation ihr steckt: Vertraut euch jemandem an, sprecht darüber oder – für den Fall, dass das nicht möglich ist: schreibt es auf.
Das nimmt schon mal viel von der Last oder dem Schrecken.
Zudem gibt es selten etwas Schlechtes, wo nicht auch etwas Gutes zu finden ist.
Mein Schreibtipp: Nicht lange überlegen oder sich mit Kleinigkeiten aufhalten. Einfach anfangen.
Hast Du Lust bekommen, ebenfalls über Deine Erfahrung mit dem Schreiben zu berichten?
Dann melde Dich gerne über das Kontaktformular bei mir oder schreib eine Mail an: kontakt@seelenschreiberei.org.
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