Inge Binder hat durch eine Brustkrebsdiagnose zum Schreiben gefunden. Im Schreiberfahrungen Interview erzählt sie davon.
#Schreiberfahrungen – Schreiben bedeutet einen Ausgleich
Für Jenny ist das Schreiben ein unterstützender Halt im Alltag. Wie sie es schafft, durch das Schreiben einen sicheren Hafen inmitten von Depressionen und Angstzuständen zu finden: Davon berichtet sie im Schreiberfahrungen Interview.
Schreib darüber - ein Interview mit Jenny Schultz über ihre Schreiberfahrungen
Drei Worte, die dich am besten beschreiben:
Harmoniebedürftig, emotional, impulsiv.
Schreiben bedeutet für mich ...
... einen Ausgleich zum manchmal chaotischen Alltag.
Mit drei Kindern und einem 25 h-Job ist der Kalender meistens voll. Wenn ich dann merke, dass mein Akku nur noch auf Reserve läuft, dann wird es für mich höchste Zeit zu schreiben.
Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Ich habe schon auf dem Gymnasium an einer »Kreatives-Schreiben-AG« teilgenommen. Von da an hat mich das Schreiben begleitet.
Am liebsten habe ich in einer Art Tagebuch meine Erlebnisse als Geschichte niedergeschrieben. Und seit ca. fünf Jahren ist das Schreiben ein fester Bestandteil meines Lebens.
Ich nehme regelmäßig an Ausschreibungen teil und stecke gerade mitten in meinem ersten Roman-Projekt.
Mit was für Problemen kämpfst du/hast du gekämpft und (wie) hilft dir Schreiben dabei?
Ich habe eine sehr bewegte Vergangenheit. So bewegt, dass, wenn ich mein Leben als Buch veröffentlichen würde, es wahrscheinlich niemand lesen wollen würde. Es wäre einfach »too much« und dadurch unrealistisch.
Ich leide seit fast 15 Jahren an Depressionen und habe letztes Jahr noch die Diagnosen »ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung« und »soziale Phobie« in meinen »Problem-Rucksack« gepackt bekommen.
Neben einer Psychotherapie mit Gesprächen und auch Medikamenten bietet mir das Schreiben vielerlei Möglichkeiten Dinge zu verarbeiten.
Denn in Geschichten ist es viel einfacher, seine Meinung zu sagen oder für sich einzustehen.
Wie nutzt du das Schreiben am liebsten? / Was schreibst du?
Ich nehme regelmäßig an Kurzgeschichten-Ausschreibungen teil. Dort sind die Themen dann meistens vorgegeben. Aber als ich im März für eine meiner Geschichten einen Preis gewonnen habe, wurde mir von mehreren Autoren ans Herz gelegt, mich doch auch mal an einem Roman zu versuchen.
Dieses Projekt habe ich nun gestartet.
Was ist das Schwierigste beim Schreiben / im kreativen Prozess für dich?
Die größte Herausforderung ist es, äußerlich und innerlich die Ruhe zum Schreiben zu finden: Drei Kinder, die ständig durch die Wohnung flitzen, dann die Gedankenkarussells, die mich krankheitsbedingt begleiten - oft bin ich da nicht in der Lage zu schreiben.
Aber ich versuche, mich in diesen Situationen dennoch dazu zu »zwingen«. Denn ich weiß, dass mir das Schreiben gerade in diesen Momenten gut tut.
Wenn ich mich dann nämlich an den Laptop setze und schreibe, ist mein ganzes Denken darauf fokussiert. Nichts anderes hat mehr Platz und so schaffe ich es, aus den Gedankenspiralen und Gedankenkarusells auszusteigen.
Klappe ich dann nach einiger Zeit den Laptop wieder zu, bleibt der Kopf eine ganze Zeit lang entspannt.
Was ist das Schönste / Bereichernste beim Schreiben / im kreativen Prozess für dich?
In einem Online-Schreibkurs von Sebastian Fitzek (und auch in den meisten Autoren-Foren) wird das Plotten einer Story immer betont und als sehr wichtig dargestellt. Das hat mich zunächst immer unter Druck gesetzt, weil plotten mir ganz und gar nicht liegt.
Als ich es dann geschafft habe, mich davon zu lösen, war das wie eine Befreiung. Denn in meinen Geschichten bin ich selbst der Leser.
Während ich schreibe, lese ich mein Buch und weiß meistens gar nicht, was als Nächstes passieren wird. Oft bin ich sogar ungeduldig und will selber wissen, wie es weitergeht.
Und ich liebe das.
Ich liebe es, meine Figuren zu beobachten und zu sehen, wie die Handlung sich entwickelt.
Gibt es Hobbys und Dinge, die du tust, wenn du nicht schreibst?
Für mich ist Familie sehr wichtig, also mein Mann und meine drei Kinder. Zeit mit ihnen zu verbringen, lädt meinen Seelenakku wieder auf und es sind besonders die kleinen Momente zwischendurch, die mich an ganz besonders dunklen Wolkentagen wieder spüren lassen, warum es sich zu kämpfen lohnt.
Ansonsten treffe ich mich auch gerne mit Freunden und ab und an (aber eher selten) gönne ich mir auch eine kleine Auszeit, nur für mich alleine. Letztes Jahr habe ich z.B. einen Wanderritt mitgemacht.
Was treibt dich an?
Beim Schreiben treibt mich mein großes Ziel an: einmal mein Buch, mit meinem Namen auf dem Cover in einer Buchhandlung kaufen.
Dabei geht es mir nicht mal darum, einen Bestseller zu landen oder besonders viele Bücher zu verkaufen. Denn selbst wenn keiner außer mir mein Buch kaufen würde, wäre ich glücklich, weil es bedeutet, in der Buchhandlung zu stehen und es in den Händen halten zu dürfen.
Im Leben treibt mich dagegen an, zu wissen, dass bei mir zu Hause vier Menschen leben, die mich bedingungslos lieben. Ohne, dass ich Erwartungen erfüllen muss. Und egal, wie hart es oft auch ist: Es zeigt mir, dass es sich alleine deswegen lohnt weiter zu kämpfen.
Gibt es etwas, dass du Anderen gerne mitgeben möchtest?
Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass es sich immer lohnt, sich aus dem tiefsten Loch wieder herauszukämpfen. Sowohl im Leben als auch beim Schreiben ist es wichtig, seinen eigenen Weg zu finden.
Tipps und Ratschläge sollte man sich immer anhören, aber sich dann das herauspicken, was wirklich zu einem passt.
Aber niemals sollte man sich selbst für irgendetwas aufgeben.
Du hast Lust bekommen, ebenfalls über deine Erfahrungen mit dem Schreiben zu berichten? Perfekt!
Dann meld dich gern über das Kontaktformular bei mir oder schreib eine Mail an: kontakt@seelenschreiberei.org
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