Im Schreiben einen sicheren Hafen inmitten von Depressionen und Angstzuständen finden: Darüber berichtet Jenny im Schreiberfahrungen Interview.

#Schreiberfahrungen – Schreiben ist Balsam für die Seele
Die Autorin C.R. Scott kämpft mit Depressionen und gibt auch ihren eigenen Erfahrungen Raum in ihren Geschichten. Für sie ist Schreiben, Balsam für die Seele.
Schreib darüber – ein Interview #17 mit C.R. Scott über ihre Schreiberfahrungen
Drei Worte, die dich am besten beschreiben:
Verträumt, grüblerisch, fleißig.
Schreiben bedeutet für mich …
Das Ausleben meiner Empfindungen, das Kreieren von Balsam für die Seele und Ablenkung von meinen Ängsten.
Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Gleich in der Grundschule, als wir zum ersten Mal im Deutschunterricht kreativ werden sollten, habe ich Feuer gefangen. Danach ging es schnell los mit meinen ersten eigenen Kurzgeschichten, Gedichten und auch meinem ersten eigenen Magazin.
Mit welchen Problemen kämpfst du/hast du gekämpft und (wie) hilft dir Schreiben dabei?
Ich leide an mittelschweren bis schweren Depressionen, dazu auch an einer generalisierten Angststörung. Beides geht sicherlich miteinander einher. 2014 brachen diese psychischen Erkrankungen bei mir so richtig aus – ab 2011 gab es rückblickend »schleichende Vorzeichen«, die mehr als einmal dazu führt haben, dass ich im Krankenhaus gelandet bin, weil ich mir sehr sicher war, in wenigen Sekunden sterben zu müssen.
Das Schreiben hilft mir sehr gegen das, was mich durch die Depressionen und die Ängste belastet.
Wenn ich Liebesromane schreibe, habe ich über das Geschehen die Kontrolle, wie es im echten Leben nun mal nicht möglich ist. Und die Wohlfühl-Atmosphäre, die ich bei den Lesern erzeugen möchte, habe ich auch beim Schreiben. Außerdem ist mein Kopf dann beschäftigt genug, um keine Gedankenspirale zuzulassen.
Immer mal wieder thematisiere ich auch psychische Erkrankungen in meinen Geschichten, um damit meinen eigenen Erfahrungen Raum zu geben, aber auch um anderen damit hoffentlich ein Ventil zu geben.
Aber bitte nicht falsch verstehen: Das Schreiben ist nicht mein einziges Werkzeug gegen die Erkrankungen. Medikamente, Therapiestunden, offene Gespräche mit den Lieblingsmenschen, Spaziergänge an der frischen Luft, Entspannungsübungen – all das sind weitere wichtige Puzzleteile in meinem Alltag.
Wie nutzt du das Schreiben am liebsten? / Was schreibst du?
Ich schreibe hauptberuflich, verdiene also mein Geld damit und darf mich den ganzen Tag damit beschäftigen. Das habe ich mir immer gewünscht. Ich schreibe zeitgenössische Liebesromane, die eine Mischung aus modernen Themenwelten und altbewährtem Eskapismus haben.
Was ist das Schwierigste beim Schreiben / im kreativen Prozess für dich?
Ich würde sagen, das sind meine ausgeprägten Selbstzweifel. Ich bin extrem kritisch zu mir selbst, sodass ich deswegen immer mal wieder Sinnkrisen habe, die so weit gehen, dass ich nicht mehr schlafen kann oder Magenschmerzen bekomme.
Daran zu arbeiten, ist ein Prozess, der seit vielen Jahren währt und sicherlich auch noch viel Zeit in Anspruch nehmen wird. Da mache ich mir nichts vor. Aber diese Form der Akzeptanz kann auch wohltuend sein, denn sie nimmt den Zeitdruck raus.
Was ist das Schönste / Bereichernste beim Schreiben / im kreativen Prozess für dich?
Wenn ich Rückmeldungen von Leserinnen bekomme, die sich durch meine Geschichten nicht nur gut unterhalten fühlen, sondern dadurch auch mal Durchatmen können nach einer schweren Zeit, ist das ein besonders schöner Moment für mich.
Neulich hat mir eine Leserin geschrieben, dass mein Werk »Rejecting the Boss*« ihr dabei helfen konnte, den Verlust ihrer Mutter zu verarbeiten. Da war ich erst einmal sprachlos.
Gibt es Hobbys und Dinge, die du tust, wenn du nicht schreibst?
Wenn ich mal nicht schreibe, bin ich viel an der frischen Luft unterwegs, selbst wenn die Sonne nicht scheint. Dann spaziere ich durch die Natur, das tut mir gut. Auch ansonsten versuche ich die viele Zeit am Schreibtisch (auch wenn ich diesen meistens auf Stehhöhe eingestellt habe) auszugleichen.
Beispielsweise setze ich gerne die VR-Brille auf und verabrede mich mit Freunden online in der virtuellen Realität, um gemeinsam zu tanzen oder so. Und ich gehe gerne mit einer Freundin ins Schwimmbad. Bewegung ist wirklich antidepressiv. In Gesellschaft erst recht.
Was treibt dich an?
Ich schreibe die Geschichten, die ich selbst gern lesen würde und bisher vermisst habe. Ich wünsche mir einfach, dass es sie gibt. Das war mein ursprünglicher Antrieb.
Nach meinem Durchbruch und den Erfolgen ist auch noch ein gewisses Verantwortungsgefühl hinzukommen. Es gibt da draußen nun Leser, die regelmäßig auf neuen Lesestoff von mir warten. Mir macht das keinen Druck, im Gegenteil, ich finde das wunderbar und fühle mich privilegiert.
Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, ist seit einer Zeit mein neuer oberster Antrieb. Denn mein Publikum besteht zu einem großen Teil aus sogenannten Alltagshelden, die etwa im Krankenhaus arbeiten.
Gibt es etwas, dass du Anderen gerne mitgeben möchtest?
Egal, ob es ums Schreiben oder um den Heilungsprozess bei einer psychischen Erkrankung geht: Es ist so ziemlich das Beste, was man tun kann, wenn man sich selbst treu bleibt. Wenn man authentisch bleibt.
Nur du weißt, was dir guttut.
Nur du kannst fühlen, welcher Weg der richtige für dich ist.
Nur du wirst merken, wie viel Zeit etwas braucht.
Du hast Lust bekommen, ebenfalls über deine Schreiberfahrungen zu berichten?
Super, dann melde dich gerne über das Kontaktformular bei mir oder schreib eine Mail an kontakt@seelenschreiberei.org.
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