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Scham heilen mit der John Bradshaw Methode
Scham - das ist dieses nagende, leise Flüstern in unserem Hinterkopf.
Dieses Gefühl, das uns einredet, wir seien nicht gut genug, nicht liebenswert genug, nicht wichtig genug.
Etwas, das uns dazu bringt, uns zu verstecken, den Blick zu senken oder uns kleiner zu machen, als wir sind.
Sie kriecht durch die Ritzen unserer Gedanken, setzt sich darinnen fest - hartnäckig, zäh und wie ein Schatten, der uns auf Schritt und Tritt folgt.
Brutal und subtil zugleich, so fühlt sie sich an.
Wie etwas, dass tiefer mit uns und unserem Leben verwurzelt ist, als wir ahnen.
Lange Zeit war Scham ein Gefühl, das zu meinem Leben gehörte wie mein Herzschlag.
So unglaublich vertraut und natürlich, dass ich nicht einmal darüber nachdachte, dass sie womöglich meine Entscheidungen oder Worte lenkte.
Doch heute weiß ich, wie unglaublich zerstörerisch sie sein kann.
Und wie schwer es ist, sie zu entwirren.
Dass es möglich ist, weiß ich eigentlich erst, seit ich die Arbeit von Dr. John Bradshaw kennenlernen durfte und über sein Buch Healing the Shame that binds us gestolpert bin.
Denn ihn ihm beschreibt er nicht nur, wie sehr Scham unser Leben steuert - sondern zeigt auch, wie wir die Kraft des Schreibens nutzen können, um uns davon zu befreien.
In diesem Artikel erzähle ich dir davon.
Ich zeige dir, was Scham mit uns macht und wie massiv die Fesseln sind, in denen sie uns gefangen hält.
Und du erfährst, wie und warum Schreiben dir dabei helfen kann, die Stimme der Scham zu enttarnen und dich Schritt für Schritt von diesen Fesseln zu befreien.
Wie Schreiben hilft, Scham und emotionale Wunden zu heilen - nach Dr. John Bradshaw
Scham - was genau ist das eigentlich?
Scham ist eines der grundlegendsten Gefühle, das wir empfinden können und zeitgleich eines der Schmerzhaftesten.
Sie entsteht immer dann, wenn wir das Gefühl haben, in den Augen eines anderen oder auch unseren eigenen, zu versagen.
Den im Gegensatz zu Schuld, die sich stets auf eine konkrete Handlung bezieht (»Ich habe etwas Falsches getan«), vermittelt Scham uns das Gefühl, als Person selbst falsch zu sein (»Ich bin falsch«).
Scham, das ist dieses unangenehme Empfinden, entblößt, entwertet oder abgelehnt zu werden.
Etwas, das uns an unserem Wert als Mensch zweifeln lässt und so ein tiefes Gefühl von Unsicherheit hinterlässt.
Der Unterschied zwischen gesundem und toxischem Scham
Laut Dr. John Bradshaw gibt es zwei Arten von Scham - nämlich zum einen die gesunde Scham und zum anderen die toxische Scham.
Schauen wir uns das einmal genauer an:
Gesunde Scham ist ein notwendiger Teil unseres emotionalen Erlebens, weil sie uns dabei hilft, Grenzen zu erkennen, Empathie zu empfinden und Verantwortung zu übernehmen.
Sie signalisiert uns, dass wir uns falsch verhalten haben, und unterstützt uns so dabei, unser Verhalten anzupassen oder zu berichtigen.
In gewisser Weise hat gesunde Scham also eine regulierende und schützende Funktion.
Toxische Scham hingegen geht tiefer.
Sie wird nicht durch eine einzelne konkrete Handlung ausgelöst, sondern verankert sich stattdessen in unserem Selbstbild.
Statt uns zu signalisieren, dass wir uns falsch verhalten haben, flüstert sie uns zu, wir wären als Mensch unzureichend, wertlos oder gar defekt.
Diese Art von Scham ist wie eine unsichtbare Last, die wir unentwegt mit uns herumtragen.
Etwas, das unsere Entscheidungen, unser Verhalten und die Art, wie wir uns selbst und andere wahrnehmen, durchgehend beeinflusst.
So entsteht toxische Scham
Während gesunde Scham aus gutem Grund auftaucht, entsteht toxische Scham schleichend, denn durch wiederholte negative Erfahrungen verankert sie sich in unserem Selbstwertgefühl.
Faktoren, die bei der Entstehung toxischer Scham eine zentrale Rolle spielen, sind:
- Kritik und Abwertung: Bekommen wir über einen längeren Zeitraum immer wieder zu hören, wir wären »nicht gut genug«, seien »zu empfindlich«, »faul« oder ähnliches, dann verankern sich diese Botschaften als Wahrheiten in unserem Inneren.
Sie werden zu sogenannten Glaubenssätzen über uns selbst —vor allem dann, wenn sie durch wichtige Bezugspersonen wie unsere Eltern, Lehrer oder Partner übermittelt werden. - Vernachlässigung: Als Kind brauchen wir die bedingungslose Zuwendung unserer Bezugspersonen und die Gewissheit, liebenswert zu sein, genau so, wie wir sind.
Erhalten wir diese Bestätigung aus irgendeinem Grund nicht - zum Beispiel, weil unsere Bedürfnisse vernachlässigt werden oder weil wir kaum Aufmerksamkeit oder emotionale Wärme erfahren - entsteht in uns das Gefühl, weder wichtig noch wertvoll zu sein.
Ein Gefühl, das sich tief in unserem Selbstbild festsetzt und bis ins Erwachsenenalter bestehen bleibt. - Missbrauch und Gewalt: Traumatische Erlebnisse hinterlassen tiefe Wunden in unserer Seele und damit auch unweigerlich Spuren in unserem Selbstbild.
Denn die Folgen traumatischer Erfahrungen führen dazu, dass wir die Schuld bei uns selbst suchen.
Und so negative Grundüberzeugung entwickeln, die sich tief in unserer Psyche einnisten und zur Entstehung toxischer Scham beitragen - Unrealistische Erwartungen: Stellen Eltern oder andere wichtige Bezugspersonen unrealistisch hohe Erwartungen an unser kindliches Ich oder fordern Perfektion, entwickeln wir dadurch das Gefühl, schlicht nur dann wertvoll zu sein, wenn wir etwas leisten oder eben perfekt funktionieren.
Die Folge: Wir streben unentwegt nach Perfektion und entwickeln große Furcht vor Fehlern.
Etwas, das zu nagenden Selbstzweifeln und chronischem Druck bis in unser Erwachsenenalter führt.
Wie du siehst: Toxische Scham ist niemals nur eine Momentaufnahme.
Ganz im Gegenteil.
Sie ist das Ergebnis von wiederholten Verletzungen, die sich nach und nach zu einem inneren Dialog in uns selbst verdichten.
Dadurch entsteht eine innere Stimme, die uns einerseits unbarmherzig zu Höchstleistungen antreibt — und andererseits klein hält, indem sie uns zuflüstert, dass wir sowieso niemals gut genug sein können.
Dr. John Bradshaw (1933–2016) war ein US-amerikanischer Psychologe, Theologe und Autor, der durch die Forschung über den Einfluss von Scham auf die menschliche Psyche, sowie durch seine Arbeit zur Heilung des inneren Kindes weltweit bekannt geworden ist.
Sein Konzept des inneren Kindes zeigt auf, wie stark unverarbeitete Kindheitserlebnisse unser Erwachsenenleben prägen.
Sein wohl bekanntestes Werk Healing the Shame that Binds You, beleuchtet, wie toxische Scham — im Gegensatz zu gesunder Scham — unser Selbstwertgefühl zerstören kann.
Was toxische Scham mit uns macht
Das Gemeine an Scham ist, dass sie oft im Verborgenen wirkt.
Anders als Wut oder Trauer ist sie nicht sichtbar oder laut, sondern still, unterschwellig und hartnäckig.
Sie schleicht sich in unsere Gedanken, verankert sich dort und beeinflusst unser Handeln, ohne dass wir es überhaupt bemerken.
Sie zeigt sich in Form von Selbstkritik, Überanpassung, Vermeidung und manchmal auch in Selbstsabotage - und beeinflusst so unser Selbstbild, unser Verhalten und unsere Beziehungen.
Aus Angst vor Ablehnung sorgt Scham dafür, dass wir uns kleiner machen, als wir eigentlich sind.
Aus Furcht vor Fehlern führt sie dazu, dass wir permanent an uns selbst zweifeln.
Aus Angst, abgelehnt oder entwertet zu werden, bringt sie uns dazu, uns zu verstellen und unser wahres Selbst zurückzuhalten.
Aus Furcht davor, womöglich zu viel zu sein, führt sie dazu, dass wir unsere Bedürfnisse zurückzustellen.
Fehler, die uns passieren, verwandeln sich durch Scham von einer normalen und natürlichen Lernerfahrung so zu einem Beweis für unsere eigene Unzulänglichkeit.
Gedanken wie:
- Ich bin nicht gut genug.
- Wenn jemand wüsste, wie ich wirklich bin, dann ...
- Ich darf keinen Fehler machen.
werden zu Mantras, die sich tief in uns selbst einbrennen und so nicht nur uns selbst, sondern auch unsere Beziehungen leiden lassen.
Denn die Angst davor, abgelehnt zu werden, hält uns davon ab, uns tatsächlich zu zeigen.
Also verstellen wir uns und bleiben auf Abstand - und so in einer Rolle gefangen, die uns zwar vermeintlich schützt - doch unglaublich einsam macht.
Aus diesem Grund beschreibt Dr. John Bradshaw Scham auch als eine Art bindende Kraft.
Weil sie uns in alten Mustern gefangen hält - und zwar so lange, bis wir sie entlarven und auflösen.
5 Gründe, warum Schreiben bei toxischer Scham so kraftvoll ist
Schreiben ist ein kraftvoller Weg, wenn es darum geht, Scham ihre Macht über uns zu nehmen.
Denn Schreiben ist wie ein Spiegel - er zeigt uns, was wir uns selbst erzählen.
Und sobald wir unsere Gedanken zu Papier bringen, wird das Unbewusste sichtbar.
Wir holen es in unser Bewusstsein – also genau dorthin, wo Veränderung beginnt.
Hier kommen die 5 wichtigsten Gründe, warum Schreiben so ein mächtiges Werkzeug ist, wenn es um Scham geht.
1. Du gewinnst Klarheit
Solange Gedanken in unserem Kopf bleiben, drehen sie sich im Kreis.
Schreiben hilft, sie zu ordnen, zu hinterfragen und auch, sie aus einer neuen Perspektive zu betrachten.
So siehst du klarer, erkennst, was wirklich wahr ist - und was nicht.
2. Du entlarvst deine innere Stimme
Die Wahrheit ist: Oft bemerken wir gar nicht, wie hart wir mit uns selbst sprechen.
Doch beim Schreiben wird genau das sichtbar.
Du bringst deine wahren Gedanken über dich selbst zu Papier - ungeschönt und ehrlich - und kannst sie so nicht nur betrachten, sondern auch reflektieren.
Und entscheiden, ob du ihnen wirklich Glauben schenken möchtest oder nicht.
3. Du entwickelst Selbstmitgefühl
Schreiben schafft Distanz – und diese Distanz erlaubt es uns, mitfühlender auf uns selbst zu blicken.
Weil es dabei hilft, die gleichen liebevollen Maßstäbe auf uns selbst anzuwenden, die wir auch für andere haben.
4. Du deckst negative Muster auf
Scham ist nicht nur tief verankert, sondern folgt auch bestimmten Mustern.
Indem du regelmäßig über deine Gedanken und Gefühle schreibst, erkennst du diese Muster – und kannst sie durchbrechen.
5. Du verankerst neues Denken
Gedanken, die wir zu Papier bringen, sind greifbarer.
Das gibt dir die Chance, alte, schambasierte Glaubenssätze zu identifizieren und eine neue, stärkende Perspektive dir selbst gegenüber einzunehmen.
Scham heilen - 4 kraftvolle Schreibmethoden
Scham ist leise - aber sie wiegt schwer.
Sie ist eine der tiefsten und schmerzhaftesten Emotionen, die wir erleben können - denn sie nistet sich in uns ein und flüstert Dinge, die nicht wahr sind.
Doch Scham heilt nicht durch Schweigen - sondern dadurch, dass sie sichtbar wird.
Und Schreiben kann ein Schlüssel sein, um Scham sichtbar zu machen, sie zu hinterfragen und ihr mitfühlend etwas entgegenzusetzen.
Hier sind 4 Schreibmethoden, die mir selbst geholfen haben:
1. Führe einen Dialog mit deiner Scham
Schreibe einen Dialog zwischen dir und deiner Scham.
Lass sie auf dem Papier aussprechen, was sie dir im Inneren immer wieder einredet - und antworte ihr.
Stelle ihre Worte bewusst infrage.
Harke nach, warum sie etwas denkt, was dahintersteckt.
Und setze ihren Worten etwas entgegen.
Beispiel:
Scham: »Du bist einfach nicht gut genug.«
Ich: »Du denkst also, ich bin nicht gut genug - Warum denn?«
Scham: »Na weil du ...«
Diese Übung kann nicht nur helfen, Abstand zu gewinnen, sondern auch aufzudecken, was hinter Schamgefühlen steckt.
2. Schreibe einen Brief an dein inneres Kind
Schreibe einen Brief an dein inneres Kind - und zwar so, als wärst du eine liebevolle Bezugsperson: Voller Verständnis, Trost und Mitgefühl.
Sag ihm all das, was es damals gebraucht hätte, z. B.:
»Ich sehe dich. Ich weiß, dass das schwer war. Es war nicht deine Schuld.«
Diese Übung kann viel alten Schmerz berühren, bringt aber auch jede Menge Trost und hilft so, alte Verletzungen nicht nur mit Mitgefühl zu betrachten, sondern dir selbst liebevoller zu begegnen.
3. Entlade die Scham
Scham wächst im Verborgenen - und setzt sich fest, wenn wir sie verdrängen. Doch ihr Raum zu geben, nimmt ihr die Macht.
So funktioniert es:
- Stelle deinen Timer auf 10 Minuten.
- Starte mit dem Satzanfang »Ich schäme mich für …« und beende ihn mit etwas, wofür du dich schämst.
- Schreibe weiter, ohne den Stift abzusetzen, und benutze dabei den Satzanfang sooft, wie du möchtest.
- Stoppe, sobald der Timer klingelt, und legte das, was du geschrieben hast, zur Seite.
Du kannst es wahlweise vernichten (zerreißen, verbrennen oder übermalen) oder mit einem mitfühlenden Blick lesen.
Durch das ungefilterte Schreiben kannst du deine Scham auf Papier bringen – und sie loslassen.
4. Schreibe deine Geschichte
Schreibe eine schambehaftete Erinnerung auf - und schreibe sie neu:
- Erst so, wie du sie erlebt hast.
- Dann aus einer anderen Perspektive: mit Mitgefühl für dein damaliges Ich (z. B. als liebevoller Außenstehende).
Tipp: Schreibe in der dritten Person (Er/Sie). Das hilft, Abstand zwischen dich und das Geschehen zu bringen.
Diese Übung zeigt, dass unsere Vergangenheit nicht in Stein gemeißelt ist. Und hilft so, die eigene Geschichte neu zu betrachten - mit mehr Verständnis und Mitgefühl für uns selbst.
Wichtig:
Es gibt keine richtige oder falsche Art zu schreiben. Du musst also weder schöne noch perfekte Sätze formen. Auch auf Rechtschreibung, Kommasetzung und Grammatik kommt es an.
Es geht nur um das Schreiben selbst - und darum, ehrlich zu dir selbst zu sein.
Lass die Scham los, Wort für Wort
Ich weiß, wie es ist, mit toxischer Scham zu kämpfen.
Sie hat mich zurückgehalten, manipuliert und mir lange Zeit eingeredet, dass ich besser still bleibe.
Aber das Schreiben hat mir eine Tür geöffnet.
Es hat mir erlaubt - Schritt um Schritt - meine eigene Stimme zurückzugewinnen.
Und ich glaube fest daran, dass auch du das kannst.
Denn Schreiben kann Scham ihre Macht nehmen.
Es geht nicht von heute auf morgen - ja.
Doch jedes Wort, dass du schreibst, ist ein Schritt in Richtung Heilung.
Also schreib - ehrlich, unzensiert und nur für dich.
Denn du bist nicht das, was deine Scham dir einredet.
Sondern so viel mehr.
Dir hat dieser Artikel gefallen? Teil ihn gerne, so können auch andere Dr. John Bradshaws Methode kennenlernen und sie ausprobieren.
Sehr interessanter Beitrag 🙂
LG Edeline
Danke sehr! Freut mich, dass er dir gefällt, liebe Edeline.
Liebe Anina, ich bin dir sehr dankbar für deinen Artikel mit der Scham. Er hat mir ein Stück weit die Augen geöffnet.
LG Andrea
Sehr gerne und freut mich, dass er was zum Augen öffnen beitragen konnte.