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Wie du den Kreislauf des Leidens wirklich durchbrichst
»Unterschätze niemals deine Tendenz zu flüchten«, das hat Geneen Roth in einem ihrer Bücher geschrieben. Mitten im Nirgendwo versuchte sie, einen Hubschrauber zu chartern, nur um dem Retreat und damit ihren eigenen Gefühlen und Gedanken zu entfliehen.
Ich weiß genau, was sie meint.
Denn auch ich bin eine Meisterin im Davon-Laufen-Wollen.
Meine Tendenz zu flüchten ist quasi immer vorhanden.
Doch im Gegensatz zu früher bemerke ich sie und kann etwas dagegen tun.
Vom Ursprung unseres Leidens
Schmerz fühlt sich immer schrecklich an.
Er ist schwer auszuhalten, schwer zu händeln und außerdem macht er uns Angst.
Und genau deshalb schieben wir ihn fort.
Instinktiv versuchen wir alles, um ihn weder fühlen noch ansehen zu müssen.
Den wir wollen ihn nicht.
Wir wollen lieber glücklich sein. Uns gut fühlen.
Und überhaupt: Sollten wir uns nicht sowieso alle mehr auf das Positive im Leben fokussieren?
Also flüchten wir.
Wir flüchten in alles, was uns etwas Freude schenkt oder zumindest irgendwie eine Auszeit von unserem Schmerz verspricht.
Doch was sich kurzfristig gut anfühlt, bringt unser Leben in eine gefährliche Schieflage.
Denn das Paradoxe ist: Unsere generelle Tendenz, Schmerz zu vermeiden und stattdessen nach dem zu streben, was sich gut anfühlt (wenn auch nur kurz) verlängert unser Leiden nur.
Denn der Schmerz verschwindet ja nicht einfach, nur weil wir uns weigern, ihn anzusehen.
Er ist da.
Sitzt tief in uns, pikst und erinnert uns.
Und weil er das tut, brauchen wir (immer neue) Strategien, um ihn in Schach zu halten.
Wir entwickeln dysfunktionale Muster.
Muster, die mal gesellschaftlich akzeptiert werden (wie das Arbeiten, Kaufen oder jede Menge Sport), und mal nicht (wie der Konsum von Alkohol, die Einnahme von Drogen oder jede Menge Essen).
Und all diese Muster haben einen verdammt hohen Preis: Sie rauben unsere Zeit, unsere Energie und unsere Lebensfreude.
Als Ballast gesellen sie sich zu unserem Schmerz und lassen ihn anwachsen.
So stark, dass er uns unüberwindbar vorkommt.
Den Kreislauf des Leidens durchbrechen
Gerade in den letzten Wochen habe ich meine Flucht-Tendenzen stark gemerkt.
Diesen Sog, den Schmerz zu vermeiden und alles in Kauf zu nehmen, wenn es nur bedeutet, eine Weile vergessen zu können.
Denn mein letztes Jahr ist geprägt von jeder Menge Abschieden und als vor ein paar Wochen meine Lieblingskatze spurlos verschwand, kam all das wieder hoch.
Da war so unglaublich viel Angst.
Angst davor, mich mit der Tatsache auseinandersetzen zu müssen, dass ihr etwas passiert ist und ich nichts, aber auch gar nichts, dagegen tun kann.
Angst, weil das Fühlen dieses Verlustes, jenen tiefen Schmerz in mir berührt, den ich einfach nicht ansehen will.
Weil es nicht irgendein Schmerz ist, sondern der des kleinen Mädchens, das ich einmal gewesen bin.
So roh und tief, dass er mir die Luft abschnürt.
Der alte Teil in mir wollte Essen.
Er wollte vergessen, dass man überhaupt fühlen kann.
Er klammerte sich an jeden Strohalmen, den er greifen konnte – um zu ignorieren oder zu unterdrücken.
Ich wollte alles lieber tun, als zu fühlen.
Doch meine Angst vor dem Schmerz und der Versuch, ihn wegzudrücken, führte zu Unruhe und Rastlosigkeit. Die Sorge zu Appetitlosigkeit, das Grübeln zu Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit und Schwindel.
Ich war nicht wirklich da und doch viel zu sehr.
Meine Gedanken kreisten um Schokolade und Plätzchen und Eiscreme, doch alles, was ich aß, nahm ich kaum wahr.
Ich war gefangen in mir selbst – in dem Kreislauf aus Leiden, meinem ganz persönlichen Gefängnis.
Und dann tat ich es doch, so, wie ich es in den letzten Jahren lernen durfte.
Ich stellte mich ihm: Dem Schmerz.
Dich dem Schmerz stellen – und das Leiden beenden
Ich setzte mich hin. Trotz allem.
Ich schlug eine leere Seite in meinem Tagebuch auf und drückte den Stift auf das Papier.
Und in dem Moment, in dem die ersten Worte aus mir herausflossen, brach er auf, dieser rohe Schmerz, vor dem ich davonrennen wollte.
Wort um Wort formte sich auf dem Papier, Tränen tropften aus meinen Augen und ich schrieb weiter und weiter und einfach immer weiter.
Ich schrieb mich durch den Sturm aus Gefühlen und Gedanken; durch die Flut aus Ängsten und den hässlichen Aspekten meines Lebens.
Und obwohl ich weiterhin nichts lieber tun wollte, als wegzurennen, schrieb ich weiter.
Ich schrieb, weil ich es musste.
Weil ich wusste, dass der Weg raus aus dem Schmerz nur auf eine Weise funktioniert: Mitten durch ihn hindurch.
Und je länger ich dasaß und schrieb, desto mehr konnte ich spüren, wie der Schmerz, der orkanartig alles in mir umreißen wollte, Stück für Stück weniger wurde.
Er zog sich zurück.
Nicht für immer, aber für diesen Tag, für diesen einen Augenblick.
Schreiben ist ein Weg, um den Kreislauf des Leidens zu durchbrechen
Jedes Mal, wenn ich auf diese Weise schreibe, erlebe ich dasselbe: Mein Leiden wird weniger.
Ich werde ruhiger. Klarer. Fühle mich verbundener – nicht nur mit mir selbst und meinem Körper, sondern mit dem Leben und all seinen Facetten.
Den Schönen wie den Schlechten.
Den Schmerzhaften genauso, wie den Glücklichen.
Die Wahrheit ist: Schreiben schafft Raum.
Es verbindet uns.
Und alles, was wir tun müssen, ist, genau das zuzulassen.
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