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7 Dinge die einen guten Therapeuten ausmachen

7 Dinge, die einen guten Therapeuten ausmachen

Therapiepläze sind rar. Die Wartezeiten lang und einen guten Therapeuten zu finden gleicht oft einem Sechser im Lotto. Im Laufe der Jahre habe ich deshalb unzählige Anrufe getätigt. Ich habe jede Menge Vorgespräche geführt und Probestunden genommen.

In meiner Verzweiflung habe ich mich dabei an jeden Therapeuten geklammert, der bereit war, mich zu therapieren. Ich wollte Hilfe – also habe ich Antipatien und Irritationen hingenommen, mein Bauchgefühl beiseite geschoben und Sprüche ertragen, die mich verletzten.

Mein erster Therapeut war ein Mann, der mir gerne die Worte im Mund umdrehte und ständig versuchte mich dazu zu überreden, meine Gefühle mit Figuren auf einem riesigen Sandbrett auszudrücken. Meine zweite Therapeutin jemand, der zwar zuhörte aber mir niemals richtige Rückmeldungen gab.

Lange wusste ich nicht,was genau eine gute therapeutische Beziehung ausmachen sollte. Ich hatte keine Ahnung, woran ich einen guten Therapeuten erkennen kann – und wie ich einen guten von einem schlechten unterscheiden soll.

Wenn es dir auch so geht, habe ich hier eine Checkliste an der du dich orientieren kannst.

 

7 Dinge an denen Du einen guten Therapeuten erkennst

 

1. Es existiert keine offensichtliche Antipatie.

Ich hatte Vorgespräche bei Therapeuten, die mich belächelt, die Augen verdreht oder sogar ausgelacht haben. Es gab einen in einer Klinik, der knallhart sein Ding durchgezogen hat, obwohl ich vor ihm zusammengebrochen bin und dabei weniger Empathie zeigte als ein Stein.

Solchen Menschen gegenüber können wir uns nicht öffnen. Mit so jemanden funktioniert eine Therapie nicht. Sie kann es nicht.

Deshalb ist die erste Begegnung genauso wichtig wie die ersten Probesitzungen. Denn dort zeigt sich sehr klar, ob jemand wirklich zu dir passt oder nicht.

Denn der erste Eindruck zählt.

Er hat Gewicht.

Mehr sogar, als wir uns eingestehen wollen wenn wir uns so dringend Hilfe wünschen.

Wenn du zum Beispiel mit männlichen Therapeuten eher schwer klarkommst, weil du (wie ich) ein Problem mit Männern hast, musst du sehr ehrlich in dich hineinspüren, ob das überhaupt funktionieren kann.

Wenn der Therapeut vor dir offen und direkt ist, du aber jemanden brauchst der einfühlsam und behutsam vorgeht, ist das ein großes fettes Nein für eine erfolgreiche Therapie.

Wenn ein Therapeut dich überrumpelt statt auf dich einzugehen; dich bewertet ohne dich wirklich zu kennen; seltsam oder unprofessionell auf deine Fragen reagiert oder ein irgendein anderer Grund da ist, der dich eigentlich abschreckt: Ist er oder sie niemals der Richtige.

 

2. Der therapeutische Ansatz passt grundsätzlich zu dir.

Aktuell gibt es 3 große Therapierichtungen, die durch die Krankenkassen bezahlt werden: die Verhaltenstherapie, die tiefenpsychologisch fundierte Therapie und die Psychoanalyse.

Recherchier über die Methode, die ein Therapeut anwendet, frag nach dem genauen Ansatz und finde raus, ob dieser zu dir passt oder nicht.

Konfrontative Ansätze z.b. können einen weiterbringen, jedoch auch kontraproduktiv sein, falls du als sehr ängstlicher Mensch dadurch Rückschritte machst oder nicht die nötige Stabilität besitzt. Dasselbe gilt auch für EMDR und andere traumazentrierte Ansätze.
Ein verhaltenstherapeutischer Ansatz wie die DBT ist super um neue Verhaltensweisen zu etablieren und einen Umgang mit Symptomen zu erlernen, aber wenn du mit den Grundlagen oder dem klaren, manchmal sogar erzieherischen Ansatz nicht zurechtkommst, ist es nicht unbedingt das Richtige für dich.

Es spielt auch eine untergeordnete Rolle wie erfolgsversprechend eine Therapiemethode ist oder wie vielen Menschen sie schon geholfen hat. Denn das sagt nichts darüber aus, ob sie auch bei dir funktionieren wird. Du bist du. Und es geht darum, den Ansatz zu finden, der zu dir passt. Zu dir – nicht zu jemand anderen oder der Mehrheit.

 

3. Dein Tempo ist der Motor der Therapie.

Jeder Mensch hat sein ganz eigenes Tempo. Manche öffnen sich schnell, andere brauchen jede Menge Vorlauf um das zu tun. Dem einen fällt es leicht, sich auf therapeutische Ansätze einzulassen, dem anderen nicht. Der eine braucht viele Erklärungen und Rückmeldungen für jeden einzelnen Schritt, der andere nur eine vorgegebene Richtung in die er gehen soll.

Ein guter Therapeut passt sich deinem Tempo an – ganz gleich wie langsam es auch ist.

In manchen Fällen sucht er das Gespräch mit dir, versucht herauszufinden, ob du vielleicht ein paar Schritte mehr machen könntest oder auch, ob Dinge existieren, die einen Einfluss auf dein Tempo haben – positiv und negativ.

Aber er überredet dich niemals zu Schritten, zu denen du nicht bereit bist. Vorallem dann nicht, wenn die therapeutische Beziehung noch wackelig ist oder ihr noch ganz am Anfang steht.

 

4. Ein guter Therapeut baut eine therapeutische Beziehung zu dir auf.

Ein guter Therapeut nimmt sich Zeit dich richtig kennenzulernen. Er interessiert sich für deine Geschichte, deine Beweggründe und Symptome und entwickelt ein Gespür dafür, dem, was du erzählst mit gezielten Fragen zu folgen um dich besser zu verstehen.

Dabei muss er bereit sein, sich auf deine Sicht, deine Lebensrealität und deinen aktuellen Stand einzulassen.

 

5. Individualität vor Schema F.

Therapeuten haben jede Menge theoretisches Wissen, dass ihnen Einblick in die menschliche Psyche und die Entstehung psychischer Krankheit gewährt. Sie haben studiert und nutzen – je nach Therapiemethode – unterschiedliche Ansätze. Doch ein guter Therapeut ist einer, der niemals nach Schema F handelt, sondern die individuelle Behandlung eines Patientens in den Vordergrund stellt.

Denn wenn die Methoden, die bei vielen seiner Patienten funktionieren, für dich nicht passen, macht es schlicht keinen Sinn daran festzuhalten.

Ich habe Therapeuten erlebt, die so sehr von ihrer Methodik überzeugt sind, dass sie aufhören den Patienten zu sehen und mit der Moralkeule um sich schlagen. Therapeuten, die Klienten in eine Sackgasse manövrieren, weil sie sich nicht eingestehen können, dass nicht alles zu jedem passen kann. Therapeuten, die die Verantwortung über Erfolg oder Misserfolg einer Therapie einzig und alleine auf dem Rücken des Patienten abladen.

Ein guter Therapeut sieht dich.

Er sieht all das, was du mitbringst und er versucht – in Abstimmung mit dir – den passenden Ansatz zu finden. Mitunter weicht er dabei sogar von dem ab, was er normalerweise anwendet, weil er merkt das du du bist und eben dein eigenes Päckchen trägst.

Im besten Fall hat er einen ganzen Sack mit therapeutischen Werkzeugen in der Hand, aus denen er schöpfen kann und ist bereit, sein Equipment nicht nur jedes Mal aufs Neue auf persönliche Effizenz zu überprüfen, sondern den Sack mit weiteren Utensilien zu füllen.

 

6. Professionalität, professionelle Distanz und Abgrenzung.

Ein Therapeut ist nicht deine Mutter, die Dame aus dem Laden gegenüber, die dir morgens deine Zeitung verkauft oder gar dein bester Freund. Er ist ein Mensch der mit dir arbeitet. Deshalb sollte ein guter Therapeut stets eine professionelle Distanz wahren. Das heißt, dir weder zu viel aus seinem Privatleben noch von seinen Problemen berichten.

Die Grenzen sollten niemals verwischen.

Ein guter Therapeut ist in der Lage sich abzugrenzen und deine Reaktionen- beispielsweise bei schwierigen Themen – niemals persönlich zu nehmen. Er muss stehts einen professionellen Blick wahren und dabei seine persönliche Sicht in den Hintergrund schieben.

Das gilt auch für Lebensentwürfe, die er nicht teilt; Entscheidungen, die er so niemals treffen und Wege, die er nicht beschreiten würde. Seine moralischen Vorstellungen und Standards dürfen niemals zum Gradmesser für dein Leben werden. Er darf weder das, was dir wichtig ist oder liegt, einfach patologisieren, noch dir ein Lebensmodel überstülpen wollen, dass überhaupt nicht zu dir passt.

Professionalität bedeutet eine gesunde Neugierde mitzubringen. Sie bedeutet, offen zu sein für unterschiedliche Lebensentwürfe, abweichende Prioritäten oder gegensätzliche Vorstellungen. Sie bedeutet, immer wieder den Blick zu schärfen. Für diesen Menschen, der da vor einem sitzt und das Leben, das er führt.

Außerdem geht ein guter Therapeut in die Selbstreflexion. Er hinterfragt seine eigenen Worte und Handlungen, nimmt Kritik des Gegenübers ernst und besitzt eine gute Beobachtungsgabe. Für den Klientens, aber auch sich selbst gegenüber.

 

7. Ein guter Therapeut hilft dir, dir selbst zu helfen.

Ein guter Therapeut gibt dir das passende Werkzeuge an die Hand, mit dem du lernst dir selbst zu helfen.

Er zeigt dir, wie du in Kontakt mit dir selbst, deinen Gefühlen und Gedanken kommst.

Er gibt dir neben dem passenden Rüstzeug auch ausreichend theoretische Erklärungen an die Hand, stellt eine Verbindung zwischen deinem jetzigen Ich und deinen Erfahrungen her, damit du dich selbst besser verstehen lernst.

Er stellt Zusammenhänge zwischen deinen Symptomen & Problemen her, damit du dich selbst reflektieren, Verhaltensweisen analysieren und an dir arbeiten kannst.

Er zeigt dir, wie du dich Herausforderungen stellen, Krisen begegnen und gut für dich selbst sorgen kannst.

Er ergründet mit dir gemeinsam den Weg – damit du ihn gehen kannst. Auch ohne ihn.

 

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